Atlassian Rovo im Realitätscheck 

Mit der neu lancierten Plattform Rovo verspricht Atlassian, AI Agents direkt in das Atlassian-Ökosystem zu bringen – für mehr Kontext, Effizienz und intelligente Unterstützung im Arbeitsalltag mit Jira und Confluence. Oft werden wir gefragt, ob man mit Rovo nicht auch dasselbe erreichen könne wie mit TicketPilot. Ein guter Anlass, dieser Frage einmal gründlich nachzugehen. Das Konzept ist vielversprechend, der Auftritt ambitioniert. Doch wie viel davon ist heute schon Realität? Wir haben Rovo in einem echten Anwendungsfall getestet – und zeigen, was überzeugt, was fehlt und worauf Sie sich wirklich einstellen sollten. 

Was Rovo gut macht 

Team Graph: Ein vielversprechendes Konzept 

Der sogenannte Teamwork Graph soll Informationen aus Jira und Confluence intelligent verknüpfen – wer arbeitet woran, was hängt womit zusammen, wo steckt relevantes Wissen? Auch wenn die Resultate aktuell noch mittelmässig sind, ist der Ansatz stark – und hat Potenzial. 

Prompting praktisch und bequem 

Mit dem Rovo Studio lassen sich Prompts einfach erstellen, strukturieren und im Team wiederverwenden. Kein KI-Wunder – aber ein praktisches Werkzeug, das Prompting aus der Experimentierecke holt. 

Verfügbarkeit & Usability 

Rovo ist sofort nutzbar – auch ohne Jira-Admin-Rechte. Die Einstiegshürde ist niedrig, die Bedienung selbsterklärend. 

Benutzerrechte 

Rovo zeigt nur Informationen an, auf die ein Benutzer laut Jira- oder Confluence-Berechtigungen tatsächlich Zugriff hat. Das klingt selbstverständlich – ist aber im KI-Kontext ein echtes Plus. 

Was man wissen muss 

Datenschutz 

Rovo nutzt grosse Sprachmodelle von Drittanbietern wie OpenAI, Google oder Mistral. Daten aus Jira und Confluence verlassen dabei die Atlassian Cloud. Es ist nicht möglich, das verwendete LLM selbst zu wählen oder eine eigene Infrastruktur wie eine Azure-Open AI einzubinden. Für viele Unternehmen ist das der Showstopper – die Überlegung zum Einsatz sind damit für viele Firmen abgeschlossen. 

Cloud Only 

Rovo funktioniert ausschliesslich in der Atlassian Cloud. Nutzer der On-Prem-Version von Jira – darunter viele mittlere und grosse Unternehmen – bleiben zurück. 

Nicht «Agentic» 

Rovo-Agenten handeln nicht proaktiv und nicht autonom. Es handelt sich im Kern um eine Bibliothek von Prompts mit einfacher Ausführung – keine echte Agententechnologie. 

Suche ist (noch) nicht smart 

Die Suchfunktion liefert derzeit keine überzeugenden Ergebnisse. Das Auffinden ähnlicher Tickets etwa ist kaum brauchbar. Wir gehen jedoch davon aus, dass Atlassian hier nachbessern wird. 

Begrenzung auf Standard-Jira-Setups 

Rovo unterstützt nur Standardfelder. Custom Fields – die in vielen Jira-Projekten zentral sind – werden nicht verarbeitet. Auch Integrationen mit Datenquellen ausserhalb der Atlassian-Welt sind angekündigt, aber aktuell nicht verfügbar. 

Feldtest: Rovo im echten Einsatz 

Am liebsten reden wir über Dinge, die wir selbst nutzen oder implementieren – eine bewährte Praxis für die Herausforderungen in der realen Welt. Und so hat das funktioniert: Unser konkreter Use Case: Story-Point-Schätzung in Jira. Ein Agent soll Jira-Issues auf Basis von Beschreibung, Aufwand und Komplexität bewerten – und eine passende Story-Point-Schätzung direkt in ein Custom Field eintragen. 

1. Agent in Rovo Studio erstellt und aktiviert 

Setup war sehr einfach, gut geführt und schnell ausgeführt. 
Das Ergebnis blieb jedoch enttäuschend: Es ging nicht über Allgemeinplätze und generische Phrasen hinaus – ohne Kontext, Begründung oder echte Hilfestellung. 

2. Confluence gezielt angereichert 

Die Dokumentation wurde bewusst erweitert, damit der Agent sie nutzen kann. 
Rovo begann darauf zuzugreifen und erkannte erste Widersprüche – ein gutes Zeichen. 
Aber: Es gelang nicht, den Agenten dazu zu bringen, ähnliche Issues als Vergleich einzubeziehen oder die Information kontextbezogen zu nutzen. 

3. Automatisierung 

Ziel: Die Story-Point-Schätzung sollte nicht nur vorgeschlagen, sondern automatisch in ein Custom Field eingetragen werden. 
Rovo bot an, die Beschreibung zu ergänzen (mit menschlicher Bestätigung) – das eigentliche Feld konnte jedoch nicht gesetzt werden, da es sich nicht um ein Standardfeld handelt. 

Unser Fazit: Chatbots statt Automatisierung 

Rovo ist keine Agentenplattform. Es ist eher eine strukturierte und anpassbare Chat-Oberfläche – eine ergänzende Ebene, die die Interaktion mit Jira und Confluence schneller machen kann. Das hat seinen Wert – doch man sollte klar benennen, was Rovo nicht ist: Rovo-Agenten handeln nicht eigenständig, treffen keine Entscheidungen und ersetzen keine bestehenden Workflows. Sie bieten eine komfortable Möglichkeit, auf Informationen zuzugreifen und sie wiederzuverwenden. Für Teams, die Support, Triage oder Wissenstransfer automatisieren möchten – also echte Agenten suchen, die Initiative ergreifen und selbstständig agieren – wird Rovo nicht ausreichen. Und um auf die Frage am Anfang zurückzukommen: Rovo kann TicketPilot – oder vergleichbare Agentenlösungen – nicht ersetzen. 

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